Medienphänomene

Im Netz kann man mit unterschiedlichsten medialen Phänomenen wie Extremismus, Cybermobbing und Cybergrooming oder Hate Speech und Online-Challenges konfrontiert werden. Was diese Phänomene sind, welche Auswirkungen sie unter anderem auf den schulischen Alltag haben und wie Sie diese Themen im Unterricht behandeln können, wird Ihnen hier erläutert. Weiterhin werden Ihnen entsprechende Unterrichtsmaterialien und –projekte benannt. 

Extremismus

Extremistische Gruppierungen nutzen verstärkt das Internet, um ihre freiheitlich-demokratische-Grundordnung-gefährdenden-Positionen zu verbreiten, beispielsweise in sozialen Netzwerken oder Chats, Videoplattformen oder Computerspielen.

Extremismus kann im Netz in verschiedenen Formen auftreten:

Propaganda: Extremistische Gruppen nutzen das Internet, um ihre Ideologie zu verbreiten und neue Anhänger zu gewinnen.

Hassrede: Extremisten verbreiten im Internet Hass, Hetze und Gewalt gegen bestimmte Gruppen von Menschen, um gesellschaftliches Zusammenleben zu destabilisieren.

Cybermobbing: Extremisten nutzen das Internet, um andere Menschen zu belästigen und zu schikanieren.

Auf Grund der unterschiedlichen Formen ist es erforderlich, in Schule und Elternhaus die Medienkompetenz der Kinder und Jugendlichen dahingehend zu stärken Strategien von Extremisten zu erkennen und ihnen entgegentreten können. Daneben ist es auch wichtig Fake News und Deepfakes als Instrument zur Generierung propagandistischer Inhalte zu identifizieren und mit entsprechenden Fakten seriöser Quellen abzugleichen.

Lehrkräfte nehmen eine wichtige Rolle bei der Prävention von Extremismus im Netz ein. Sie können dazu beitragen, dass Jugendliche entsprechend benannte Medienkompetenz erwerben und sich kritisch mit extremistischen Inhalten auseinandersetzen können. Dazu gehört im Unterricht weiterhin auch, Toleranz und Diskussionskultur zu fördern um darüber die Demokratiebildung zu stärken. Lehrkräfte sollten mit Schülerinnen und Schülern über Extremismus diskutieren und ihnen die Möglichkeit geben, ihre eigenen Gedanken und Gefühle zu äußern. Dabei sollten sie aufzeigen, dass Extremismus eine Gefahr für die Demokratie darstellt. Ein partizipativer Umgang mit Schülerinnen und Schülern im Unterricht kann neben verschiedenen etablierten Formaten wie dem Klassenrat Toleranz und Demokratie in der Klassengemeinschaft unterstützen.

Das Hessische Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen bietet – neben zahlreichen weiteren, auf verschiedene Weise gewaltpräventiv wirksamen Programmen – allen hessischen Lehrkräften und pädagogischen Fachkräften zur konstruktiven Konfliktbearbeitung u.a. eine zertifizierte Weiterbildung zur Schulmediatorin oder zum Schulmediator an, sowie weitere ergänzende Fortbildungsangebote wie die Schülermediatorencoaches oder die Friedensbrücke als partizipatives Modell einer positiven Streitkultur in der Grundschule. 
Die Teilnahme an den Maßnahmen ist kostenfrei und wird vom HMKB-Projekt „Gewaltprävention und Demokratielernen“ (GuD) sowie externen Trainerinnen und Trainern umgesetzt.

Die Präventionsprojekte der Medienanstalt Hessen, wie das Internet-ABC Hessen und Webklicker- Wir klicken clever! oder Clever digital! – unterstützen Schülerinnen und Schüler altersgerecht in der selbstbestimmten und verantwortungsbewussten Internetnutzung zu sensibilisieren. Inkludiert in die Projekte sind sowohl eine Lehrkräftefortbildung als auch ein Elternabend.

Der hr hat im Rahmen des Projektes „What’s Web“ Videoclips mit Coldmirror erstellt. Diese machen auf Chancen und Gefahren im Internet machen, wozu auch der Bereich Netikette gehört.

Fake News

Als Fake News bezeichnet man Falschnachrichten im Internet. Dabei werden gezielt falsche oder manipulierte Informationen verbreitet, um aus politischen, ökonomischen oder persönlichen Motiven die Meinungsbildung  zu beeinflussen. Durch das Internet, insbesondere über soziale Plattformen, Messenger und Videoportale, erreichen Falschmeldungen schnell einen hohen Verbreitungsgrad, z.B. über sogenannte Kettenbriefe.

Gerade Schülerinnen und Schüler verfügen meist noch nicht über ein ausreichendes Wissen, um Nachrichten und deren Herkunft richtig einzuordnen und zu bewerten. Daher sollte das Thema im Unterricht behandelt werden.

  • Schülerinnen und Schüler sollten zu einem kritischen Umgang mit Informationen aus dem Internet angeleitet werden. Dabei sind folgende Fragestellungen hilfreich:
    • Kritisches Überprüfen der Inhalte. Ist die Argumentation logisch und auf Fakten gestützt?
    • Überprüfung der Quellen. Handelt es sich um ein seriöses Medium?   
    • Prüfung der Aufmachung der Website und des Impressums. Wer ist für die Inhalte verantwortlich?
  • Ein Indiz für Seriosität ist in der Regel auch die Angabe von Kontaktdaten.
  • Daten und Statistiken sollten mit anderen seriösen Seiten und Quellen abgeglichen werden.
  • Bilder und Videos sollten auf ihre Übereinstimmung mit dem Text geprüft werden.
  • Fake News können eingedämmt werden, indem fragwürdige Nachrichten nicht einfach weitergeleitet, sondern zuerst auf Herkunft und Inhalt geprüft werden.
  • Soziale Netzwerke bieten die Möglichkeit, Fake News zu melden, damit diese nicht weiterverbreitet werden.

Hate Speech

Hetze, Hass und Diskriminierung finden im Internet immer mehr Verbreitung – besonders in sozialen Netzwerken, Foren und Kommentarspalten. Für dieses Phänomen hat sich auch im deutschen Sprachgebrauch der Begriff Hate-Speech durchgesetzt. Hate-Speech ist kein reines Netzphänomen, sondern greift reale Macht- und Diskriminierungsstrukturen auf. Die Täter verbreiten oftmals diskriminierende rassistische, sexistische oder fremdenfeindliche Äußerungen, mit denen Personen oder Personengruppen erniedrigt oder beleidigt werden.

  • Klären Sie über Hate-Speech und die negativen Folgen auf, indem Sie das Thema in den Unterricht einbinden. Hierzu eignet sich zum Beispiel, das Thema im Klassenrat, in der Klassenlehrerstunde zu behandeln Erstellen Sie Regeln im Klassenchat bzw. wiederholen Sie diese mit der Klasse.
  • Üben Sie mit den Lerngruppen Techniken zur Gegenrede ein, damit die Jugendlichen diese situationsbedingt anwenden können.
  • Zeigen Sie den Schülerinnen und Schülern die Meldefunktion auf Social-Media-Plattformen.

  • Sollten einzelne Schülerinnen und Schüler konkret von Hatespeech betroffen sein, u.U.  durch Angriffe durch Mitschülerinnen bzw. Mitschüler, ist in Abstimmung mit der Schulleitung das weitere Vorgehen im Umgang mit dem Opfer und dem bzw. den Tätern zu besprechen.
  • Die Eltern sind zu informieren.
  • Gegebenenfalls kann es hilfreich sein, die Schulpsychologie einzubeziehen. 

Zur Vertiefung der Thematik im Unterricht kann Unterstützung für einen pädagogischen Tag über den Landeskoordinator Jugendmedienschutz oder die Staatlichen Schulämter angefragt werden.
Weiterhin stehen praxisnahe Fortbildungen des Landes Hessen und der unterschiedlichen Partner, wie z.B. der hessischen Medienzentren zur Verfügung. Auch im Wochenplan FortbildungÖffnet sich in einem neuen Fenster auf dem Schulportal finden Sie Angebote. 

Cybermobbing

Unter Cybermobbing versteht man das absichtliche, wiederholte und negative Behandlung einer Person durch andere. Es umfasst eine breite Palette von Aktivitäten, wie

  • das Posten beleidigender oder erniedrigender Kommentare
  • das Posten kompromitierender Bilder oder Videos
  • das Verbreiten von Gerüchten oder Lügen
  • das Stalken oder Belästigen

um jemanden zu schikanieren oder bloßzustellen.
 

Durch die vermeintliche Anonymität im Netz wird die Hemmschwelle geringer und die Gemobbten nicht mehr nur auf den Pausenhöfen und Schulwegen drangsaliert und bloßgestellt. Die Angreiferinnen und Angreifer sind durch Cybermobbing rund um die Uhr in der Lage, ihre Angriffe zu schalten, ein großes Publikum zu erreichen und ihre Beleidigungen schnell zu verbreiten sowie weitestgehend anonym zu handeln. Mobbing nimmt stetig zu. Laut aktueller Cyberlife StudieÖffnet sich in einem neuen Fenster sind bundesweit 18,5% der Schülerinnen und Schüler davon betroffen. Besorgniserregend ist, dass 13 Prozent der betroffenen Kinder und Jugendlichen aus Verzweiflung schon einmal zu Alkohol, Tabletten oder Drogen gegriffen haben und 26% der Betroffenen Suizidgedanken hat. Eine schulische Prävention zu diesem Thema ist demnach notwendig. 

Schülerinnen und Schüler die gemobbt werden, zeigen unterschiedliche Verhaltensweisen. Warnzeichen und Hinweise sind vor allem in Bezug auf Verhaltensänderungen feststellbar, wie beispielsweise eine Schulverweigerung, Leistungsabfall etc..
 

Da sich Schülerinnen und Schüler bei Problemen oftmals nicht an Lehrkräfte wenden, ist es von Bedeutung, die eigene Wahrnehmung bezüglich der Begleitsymptome zu sensibilisieren. Diese können neben den Verhaltensänderungen auch auf der psychischen Ebene liegen und sich in einem sozialen Rückzug, Konzentrationsprobleme oder Niedergeschlagenheit zeigen. Auch auf der physischen Ebene können Veränderungen wie Essstörungen oder Müdigkeit als Begleiterscheinung auftreten.

  • Führen Sie ein Gespräch mit der gemobbten Schülerin, bzw. dem gemobbten Schüler, indem Sie sich den Vorgang schildern lassen, um für eine erste Entlastung zu sorgen und Vertrauen aufzubauen.
  • Je nach Ausmaß sind die Eltern einzubeziehen.
  • Informieren Sie je nach Ausmaß die Schulleitung, vor allem dann, wenn juristische Schritte erwogen werden.
  • Die Schulleitung entscheidet auch über den Einbezug des Staatlichen Schulamtes und über den Einbezug des schulpsychologischen Diensts.

Über die Schulleitungen ist den Schulen ein Handlungsleitfaden bei Gewalterfahrung von Lehrkräften übermittelt worden, dort wird ein Überblick gegeben, welche unterschiedlichen Handlungsoptionen für Lehrkräfte u.a. im Falle von Cybermobbing zur Verfügung stehen. Darin werden die Melde- und Kommunikationswege für eine gezielte und vertrauensvolle Zusammenarbeit von Lehrkräften, ihrer Schulleitung und dem zuständigen Staatlichen Schulamt dargestellt sowie die schulspezifisch wichtigsten Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für Beratungs- und Unterstützungsangebote benannt. Dieser kann bei Bedarf bei der Schulleitung eingesehen werden

Wichtig ist es, mit Schülerinnen und Schülern über eine adäquate Kommunikation im digitalen Raum – der sogenannten Netiquette – zu sprechen. Was im analogen Raum beispielsweise durch miteinander ausgehandelte Klassenregeln festgelegt wurde, kann als Blaupause für den digitalen Raum dienen. Der Klassenlehrkraft kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Ihre Beziehungsarbeit ist eine wichtige Säule, um die Klasse verantwortungsvoll und sensibel durch gruppendynamische Phasen zu begleiten. Ein positives Klassenklima, das durch die Haltung der Lehrkraft, ein gelungenes Classroom-Management und einer dialogischen Konfliktkultur geprägt ist, stellt eine gute Basis zur Prävention dar. Unterstützung in der Thematisierung von Cybermobbing können dabei auch die Fachberaterinnen und Fachberater Medienbildung der Staatlichen Schulämter bieten. Cybermobbing und der schulische Umgang damit wird weiterhin in der Fortbildungsreihe zur Medienschutzberaterausbildung aufgegriffen. Der schulische Verhaltenskodex zum Umgang mit Handys sollte auch in der Schulordnung/ Handynutzungsordnung geregelt sein. Darunter kann u.a. benannt werden, dass das Filmen in der Schule verboten ist.

Mögliche Themen zum Austausch mit Ihren Schülerinnen und Schülern können sein:

  • welche Regeln in der digitalen Kommunikation zu beachten sind und sich ggf. von denen der analogen unterscheiden.
  • welche Probleme in der digitalen Kommunikation auftreten können und wie man mit diesen umgehen oder klären kann.
  • was Mobbingprozesse im digitalen Raum befördern kann.
  • wie man Mobbing im digitalen Raum als Betroffener oder Beobachter begegnen kann.
  • wie man sich Hilfe bei eigener Betroffenheit holen kann.

Cybermobbing stellt keinen eigenen Straftatbestand dar. Es ist jedoch strafbar, wenn dabei ein strafrechtliches Delikt begangen wird. Dazu gehören u.a. Beleidigung/ Üble Nachrede/ Verleumdung/ Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes oder Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen.

Weiterführende Informationen dazu erhalten Sie unter Täter von Cybermobbing müssen mit Strafe rechnenÖffnet sich in einem neuen Fenster.

Die benannten Aspekte sollten auch in die Elternarbeit einbezogen werden.

 

Gewaltprävention und Demokratielernen (GuD) | kultus.hessen.deÖffnet sich in einem neuen Fenster – Die Qualifizierungsreihe Mobbing-Interventions-Teams in der Schule (MIT) des Landesprojektes Gewalt und Demokratielernen (GuD) steht für vernetzte Professionalität im Rahmen schulischer Prävention und Intervention. Unter anderem ist ein Baustein die Unterstützung bei der Erstellung eines Interventionsplans, der ein rasches und wirksames Reagieren auf Mobbing/Cybermobbing und ein Unterstützungsangebot für Mobbingbetroffene beinhaltet.

Mentorenprogramm — Digitale Helden (digitale-helden.de)Öffnet sich in einem neuen Fenster – Das Peer-Education-Projekt der Digitalen Helden bietet ein Mentorenprogramm, in welchem Schülerinnen und Schüler zu digitalen Helden ausgebildet werden. Sie übernehmen damit die verantwortungsvolle Aufgabe, jüngere Mitschülerinnen und Mitschüler dabei zu unterstützen, den sicheren und kompetenten Umgang mit dem Internet zu erlernen.

Lernmodul: 3.4. Cybermobbing – kein Spaß! | Internet-ABCÖffnet sich in einem neuen Fenster – Internet ABC

Was tun bei Cyber-Mobbing? – Plakat in einfacher SpracheÖffnet sich in einem neuen Fenster und Cyber-Mobbing Leichte Hilfe AppÖffnet sich in einem neuen Fenster - klicksafe

Weitere Hinweise (Materialien und Projekte zum Medienschutz) finden sich unter Informationen für Lehrkräfte | Digitale Schule Hessen

Online-Challenges

Online-Challenges auf Social-Media-Plattformen, z.B. TikTok, finden zahlreiche Nachahmerinnen und Nachahmer. Die Challenges gelten bei einer Vielzahl der Schülerinnen und Schüler als unterhaltsam, sie verbreiten sich schnell in der digitalen Welt und können durch gegenseitiges Nominieren einen Mitmachzwang erzeugen. Einige Challenges sind mit erheblichen Risiken verbunden. Es werden dabei Gesundheitsgefährdungen in Kauf genommen, wie zum Beispiel

  • Skullbreakerchallenge – das Wegziehen der Beine von hinten ohne Vorwarnung
  • Pilotenchallenge - freiwilliges Würgen einer anderen Person bis zur Bewusstlosigkeit
    • oder auch hohe Sachschäden verursacht, wie z.B.
  • „Coronamaskenchallenge“ - durch Sägen mit den Maskenbändern an Schulstühlen
  • „Creed 3-Challenge“ - das Stören von Filmvorführungen bis hin zu Sachbeschädigungen in Kinosälen.

Es ist daher wichtig, Schülerinnen und Schüler für die Mechanismen und Folgen solcher Challenges durch präventive Aufklärung und regelmäßige Informationen zu sensibilisieren.  

  • Sprechen Sie die Risiken von Challenges an und hinterfragen Sie mit den Schülerinnen und Schüler ihren Nutzen kritisch.
  • Sprechen Sie mit Ihren Schülerinnen und Schülern auch darüber, dass eine Challenge neben den körperlichen und seelischen Schäden auch finanzielle oder strafrechtliche Folgen nach sich ziehen kann. Wird eine Straftat vorgetäuscht oder der Notruf missbraucht, ist dies ein Vergehen. Im schulischen Rahmen kann neben den Gefahren für Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, sonstige Personen des Schulbetriebes ein, durch den Missbrauch von Notrufen ausgelöster Einsatz, auch die Einsatzkräfte gefährden. Der Gesetzgeber sieht im Fall des Missbrauchs von Notrufen, §145 StGB, eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe vor. Im Falle des Vortäuschens einer Straftat, §145 (d) StGB, beträgt die Strafandrohung bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Neben den strafrechtlichen Konsequenzen können gegen den Verursacher auch Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. Zudem prüft die Fachstelle der Polizeibehörde, wer die teils beträchtlichen Kosten des Einsatzes zu tragen hat. 
  • Beachten Sie in jedem konkreten Fall den Handlungsleitfaden „Handeln in Krisensituationen“.
  • Bleiben Sie mit den Schülerinnen und Schülern im Austausch und nehmen Sie aktuelle Challenges zum Anlass, diese im Unterricht zu thematisieren.

Sexting

Unter „Sexting“ versteht man die Verbreitung selbstproduzierter intimer Fotos über einschlägige Apps und/oder soziale Netzwerke. Weitere Informationen finden Sie hier: Jugendmedienschutz | Digitale Schule Hessen

Sexting gehört zu einer modernen Intimkommunikation junger Menschen. Im schulischen Kontext sollte berücksichtigt werden, dass Sexting nicht per se als negativ zu werten ist Jedoch müssen Schülerinnen und Schüler über die möglichen negativen Folgen aufgeklärt werden, insbesondere, dass die intimen Bilder unbefugt an Dritte weitergegeben werden oder im Netz verbreitet werden können. Im schlimmsten Fall kann eine sexuelle Erpressung (sog. Sextortion) folgen. Die Sensibilisierung für diese negativen Folgen kann durch eine Aufklärung der Eltern unterstützt werden. Sie spielen eine wichtige Rolle in der Präventionsarbeit. Eltern können auf anderer Ebene mit ihren Kindern in den Austausch kommen und für die Risiken der Handynutzung sensibilisieren.  Auch bei negativen Erlebnissen sind Eltern eine der ersten Ansprechpersonen und Kinder können dort Unterstützung einholen. Unter Umständen sind Lehrkräfte jedoch die einzigen Vertrauenspersonen, die über negative Folgen des Sextings - beispielsweise in Form von Sextortion - in Kenntnis gesetzt werden oder präventiv dazu aufklären. Somit ist es wichtig zu wissen, wie mit solchen Vorfällen in der Klasse umgegangen werden sollte. Im schulischen Rahmen sollte eine präventive Verortung des Themas im Sexualkundeunterricht oder im Ethikunterricht stattfinden.

Grundsätzlich ist es nicht verboten, intime Fotos oder Videos von sich selbst zu erstellen. Im Rahmen einer partnerschaftlichen Beziehung können diese Inhalte auch weitergegeben werden, wenn dies von allen Beteiligten freiwillig einvernehmlich und zur privaten Nutzung dient.

Wichtige Faktoren in der Strafbarkeit sind das Alter der beteiligten Personen und der Inhalt. Generell sind u.a. sexuelle Darstellungen von Kindern verboten. Bei Jugendlichen ab 14 Jahren, die sich gegenseitig und einvernehmlich eigene Nacktbilder zusenden, handelt es sich um die Herstellung und Verbreitung von Jugendpornografie, was in einer partnerschaftlichen Beziehung als nicht strafbar gewertet wird. Strafbar wird es dann, wenn eine Verbreitung zum Beispiel im Klassenchat oder im Internet stattfindet. 

Schülerinnen und Schüler sollten präventiv dazu ermutigt werden, dass sie im Betroffenheitsfall Gespräche mit einer Vertrauenslehrerin / einem Vertrauenslehrer der Schule oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Schulsozialarbeit führen können. Im Rahmen der Schutzkonzeptentwicklung haben die Schulen auch pädagogische Ansprechpartnerinnen / Ansprechpartner bei sexualisierter Gewalt. Unter Einbeziehung der Schulleitung und der Eltern sollte die Erstattung einer Strafanzeige bei der Polizei folgen. Dabei ist noch folgender Hinweis wichtig: Bei Screenshots oder die mögliche Weiterleitung von kinder- oder jugendpornografischen Material im Rahmen einer Beweissicherung kann man sich unter Umständen selbst strafbar machen. Löschen Sie das Bild nicht und zeigen Sie diesen Sachbeweis der Polizei.

Mediensucht

Mediensucht ist international als Gaming-Disorder eine anerkannte Erkrankung. Eine problematische Mediennutzung kann vorliegen, wenn beispielsweise Medienzeiten überschritten werden, die über die altersgemäß empfohlenen Zeiten hinausgehen.

Wenn bei einer Schülerin oder einem Schüler ein Abfall der schulischen Leistungen zu beobachten ist, dass Tendenzen zur Abkapselung und Desinteresse gegenüber vorherigen Freundschaften im Klassenverband und/ oder gegenüber weiteren Klassenkameraden bestehen und die Schülerin oder der Schüler sich zunehmend isoliert, sollten Lehrkräfte das Gespräch mit dem Schüler oder der Schülerin suchen. Auch die Schulsozialarbeit und/ oder UBUS-Kraft sollte ggf. in das Gespräch einbezogen werden. Je nach Alter der Schülerin oder des Schülers und den bestehenden Merkmalen ist der Austausch mit den Eltern elementar. Darüber hinaus kann schulpsychologische Unterstützung angefordert werden, wenn sich ein Anfangsverdacht erhärtet. Eine Begriffsdefinition und weiterführende Links finden Sie hier: Jugendmedienschutz | Digitale Schule Hessen

Neben der Aufklärung zu Anzeichen einer Mediensucht oder einer problematischen Mediennutzung und den entsprechenden Umgang damit, können auch Materialien zu einer digitalen Achtsamkeit – die sogenannte Digital Detox herangezogen werden, um präventive Handlungsstrategien den Schülerinnen und Schülern an die Hand zu geben. Hierfür eignen sich Präventionstage oder –wochen, um solche in das schuleigene Medienbildungskonzept einzuarbeiten. Auch der Klassenlehrerunterricht oder Unterrichtsfächer wie Biologie oder Ethik bieten sich an, um das Thema Sucht aufzugreifen.

Elternarbeit ist bei einer vermuteten Mediensucht elementar. Ohne sie ist ein entsprechendes nachhaltiges Handeln nicht möglich. Schulische Maßnahmen alleine können in diesem Kontext nicht ausreichen.

Neben dem exzessiven Onlinespielen, welches, wie benannt, als Gaming-Disorder eine anerkannte Krankheit ist, kann auch die Nutzung von Social Media suchtähnliche Züge annehmen. Oftmals kann das Spielen und Surfen als Lösung für übergeordnete Probleme identifiziert werden. Darüber können Lehrkräfte mit den Eltern in das Gespräch kommen, um gemeinsame Lösungen zu finden. Zielführend könnte dabei die Fragestellung sein, welche Ziele nicht mit dem exzessiven Spiel-/ Surfverhalten vereinbar sind. Dazu könnte gehören:

  • Nimmt das eigene Kind noch Freizeitaktivitäten wahr?
  • Nimmt das Kind am familiären Leben noch teil?
  • Finden private Treffen ohne digitale Medien (gemeinsames Gamen) statt?
  • Verhindert das Surfen/ Spielen eine adäquate Schulleistung? Hat das Kind genügend Zeit zum Lernen?

Um Eltern in der Erziehungsarbeit zu beraten, können unterstützend auch Schulsozialarbeit, UBUS-Kräfte und die Schulpsychologie herangezogen werden. Diese beraten u.a. auch bei Schulabsentismus, der Folge einer gehäuften Mediennutzung sein kann.

Im Elterngespräch können neben Beobachtungen aus dem Unterricht und anderen schulischen Kontexten auch Austausche mit dem Kind thematisiert werden. Sie können dem Elternteil bei der Einordnung des gezeigten Verhaltens im schulischen Kontext helfen. Darüber können dann ggf. entsprechende Erziehungsvereinbarungen getroffen werden, die die genannten formulierten Ziele in deren Erreichung unterstützen können. Dabei sollten auch die nächsten Schritte, mögliche Hindernisse und die Wünsche und Bedürfnisse der Kinder miteinbezogen werden. Wichtig ist auch, dass Eltern ihr eigenes Mediennutzungsverhalten überdenken und reflektieren. Von Schulseite ist es wichtig anzuerkennen, dass Eltern als die Experten für ihre Kinder gelten, weiterhin sie in ihrer Rolle wertzuschätzen und deren möglichen Belastungshintergrund (familiäre Belastungen bspw. von Alleinerziehenden oder durch die Betreuung von Angehörigen/ finanzielle Belastung/ etc.) zu berücksichtigen.

Cybergrooming

Cybergrooming bezeichnet eine Anbahnung von sexuellen Kontakten mit Minderjährigen über das Internet, z.B. auf Social-Media Plattformen oder über Internetspiele.

Der Begriff „Grooming (Striegeln)“ bezeichnet dabei das subtile Annähern an Kinder und Jugendliche über einen Chat. Täter gehen dabei oftmals subtil vor und versuchen in der Regel über eine Scheinidentität, Einfluss auf das Opfer zu nehmen und das entstandene Vertrauensverhältnis für sexuelle Übergriffe oder sonstige Gewalt zu missbrauchen. Dabei werden Kinder aufgefordert, Nacktaufnahmen zu übersenden, sich live vor der Kamera zu zeigen oder sich mit den Tätern im realen Leben zu treffen.

Cybergrooming ist gemäß § 176 b des Strafgesetzbuches (StGB) strafbar.
Haben Sie den Verdacht, eine Schülerin, ein Schüler könnte von Cybergrooming betroffen sein, suchen Sie das vertrauensvolle Gespräch. Hinweise auf Cybergrooming können sein, dass Schülerinnen und Schüler ihre Internetkontakte verheimlichen oder Verhaltensänderungen zeigen.

  • Führen Sie ein Gespräch mit der betroffenen Schülerin, bzw. dem betroffenen Schüler, indem Sie sich den Vorgang schildern lassen, um für eine erste Entlastung zu sorgen und Vertrauen aufzubauen.
  • Lassen Sie die Schülerin beziehungsweise den Schüler Beweise sichern. Dies kann das Speichern von Chatprotokollen und Bildern sein.
  • Informieren Sie die Schulleitung und besprechen Sie das weitere Vorgehen
  • Über die Schulleitung sind die Eltern zu informieren. Der Einbezug der Schulpsychologie ist zu beraten.
  • Die Schulleitung entscheidet darüber die Polizei zu informieren.
  • Der Opferschutz hat oberste Priorität. Je nachdem, ob der Vorfall in der Klasse bekannt wurde oder wenn das Opfer das möchte, kann jedoch in der Klasse über den Vorfall gesprochen werden. Hierfür kann die Hilfe der Schulpsychologie oder Schulsozialarbeit in Anspruch genommen werden.

Hier finden Sie weitere Informationen und Materialien zu Cybergrooming:

  • Machen Sie das Thema zum Bestandteil des Unterrichts.
  • Sprechen Sie mit den Schülerinnen und Schülern über die Gefahren der Anbahnung von sexuellen Übergriffen im Netz.
  • Klären Sie die Schülerinnen und Schüler über die technischen Möglichkeiten auf, z.B. das Sichern von Accounts und Erstellen von Screenshots zur Beweisführung.

Gewaltdarstellungen

Gewaltvideos und grausame Darstellungen finden im Netz eine leichte Verbreitungen und können unterschiedliche Erscheinungsformen haben. Mit entsprechenden Inhalten kann man völlig unvorbereitet und auch ungewollt auf verschiedenen Plattformen oder auf einem Messengerdienst konfrontiert werden. Dies können Tötungsvideos (Snuff-Videos) sein, die als Mutprobe gemeinsam angeschaut werden. Weiterhin das sogenannte Happy-Slapping, bei dem Gewaltanwendungen gegenüber anderen aufgezeichnet und als Videosequenz verbreitet werden, um sich so etwa in einer Rangordnung innerhalb einer Peer-Group zu etablieren. Auch die Lust und Neugier am Verbotenen steigert den Reiz, solche Inhalte anzusehen oder auch weiterzuleiten.

Drastische Gewaltdarstellungen und Schockinhalte sind auf den meisten Plattformen verboten. Jedoch können diese oftmals nicht schnell gelöscht werden. Zudem gibt es ganze Webseiten, die sich ausschließlich solcher Inhalte bedienen. Entsprechende Anbieter ändern u.a. ihre Domain, um solche Inhalte unter einer anderen „Adresse“ anbieten zu können oder warnen vermeintlich vor sogenannten Schock-Challenges, um die Neugier der Nutzerinnen und Nutzer zu wecken und auf solche Seiten zu leiten.

Eine weiterführende Definition des Phänomens finden Sie hier: Jugendmedienschutz | Digitale Schule Hessen

Für einen angemessenen Umgang - u. a. auch durch die ungewollte Konfrontation - mit gewalthaltigen Medieninhalten müssen Schülerinnen und Schüler für die Thematik sensibilisiert werden. Dazu sollten neben den technischen Einstellungsmöglichkeiten zum Schutz vor Gewaltdarstellungen - beispielweise in den jeweiligen Apps – die entsprechenden Erscheinungsformen besprochen werden.

Daneben wirkt die Stärkung der individuellen Resilienz und des Selbstbewusstseins der Schülerinnen und Schüler unterstützend, um beispielsweise nicht an einer Mut-Challenge teilzunehmen. Hierzu können Projekttage mit Hilfe der Schulsozialpädagogen oder externen Anbietern durchgeführt werden. Fortführend können auch Motive von Gewalt im Rahmen des Unterrichtsreflektiert und ein adäquater Umgang damit besprochen werden. 

Sind Kinder und Jugendliche bereits mit verstörenden Inhalten konfrontiert worden, können ein Gespräch über entsprechende Inhalte, eine kontextuelle Einordnung und eine klare Haltung zu solchen Inhalten als wichtige Orientierungshilfen für die Schülerinnen und Schüler dienen. Auch konkrete Handlungsmöglichkeiten, wie die Meldung von Inhalten oder das Blockieren eines Kontaktes, sind wichtige Strategien, über die Lehrkräfte in diesem Zusammenhang aufklären sollten.

Möchten Kinder und Jugendliche nicht über die gezeigten Inhalte sprechen, kann die Weitergabe zu entsprechenden Beratungsangeboten für die Betroffenen entlastend wirken. Dazu gehören u.a. das anonyme Beratungsangebot von Hilfe bei Cybermobbing & anderen Online-Problemen (juuuport.de)Öffnet sich in einem neuen Fenster oder Kostenfreie Beratung für Eltern, Kinder und Jugendliche (nummergegenkummer.de)Öffnet sich in einem neuen Fenster

Ein Gespräch mit den Eltern oder der Einbezug der Schulpsychologie muss entsprechend abgewogen werden. 

Pornografie

Ähnlich wie bei anderen Phänomenen findet auch die sexuelle Entwicklung bei Jugendlichen heute anders statt als noch vor einigen Jahren – so gab es Pornografie nur in Videotheken und Magazinen. Nun sind sie freizugänglich, anonym und unkompliziert im Internet zu finden und eine Alterskontrolle ist nicht wirklich möglich. Nicht zu vergessen ist, dass die Welt insgesamt sexualisiert erscheint – in der Werbung, der Musikindustrie und den sozialen Medien werden Jugendliche mit sexuellen Inhalten konfrontiert, die oft mit fragwürdigen Rollenvorstellungen und Körperbildern einhergehen.
Eine moderne Form der Pornografie kommt mit der Plattform OnlyFans. Auf den ersten Blick ähnelt OnlyFans anderen gängigen Sozialen Netzwerken. Die Bilder und Videos, die gepostet werden, können jedoch nur durch Bezahlung angeschaut werden.

Pornografie beeinflusst die Körperwahrnehmung und die Vorstellung von Sexualität. Die meisten Jugendlichen, die bereits Pornos gesehen haben, haben noch keine eigenen sexuellen Erfahrungen gemacht. Es wird der Eindruck vermittelt, dass die Handlungen in pornografischen Videos der Realität entsprechen.

Eine Befragung der Landesanstalt für Medien NRW (2024) gibt an, dass 42 % der elf bis 17-Jährigen bereits einen Porno gesehen haben. Diese Konfrontation geschieht meist unfreiwillig und es fällt ihnen schwer das Gesehene einzuordnen. Lediglich 28 % der Jugendlichen gaben an, dass sie Pornos als unrealistisch bewerten würden.

Der Artikel Pornografie im Netz | Digitale Schule Hessen behandelt das Thema ausführlicher. Das Thema „Sexting“ ist hier eng verknüpft. – Siehe FAQ Sexting. Außerdem zum Thema: Jugendmedienschutz | Digitale Schule Hessen – Medienphänomen „Sexualisierte Inhalte und Pornografie im Netz“. 

Es ist wichtig Jugendliche über Sexualität aufzuklären, bevor Pornos dies übernehmen und falsche Vorstellungen vermitteln. Gesprächsangebote und die Möglichkeit das Gesehene zu reflektieren ist wichtig für Kinder und Jugendliche, damit dies verarbeitet werden kann, denn die Diskrepanz zwischen Gesehenem und selbst erlebten oftmals sehr groß. Reagieren Sie sensibel, wenn eine Schülerin oder ein Schüler Sie anspricht, dass sie / etwas Unangenehmes gesehen hat. Jede Schülerin/ jeder Schüler geht anders mit dem Gesehenen um.

Besuchen Sie mit Ihrer Klasse bspw. ProFamilia, oder regionale Beratungsstellen, die mit den Jugendlichen aus sexualpädagogischer Sicht Pornografie thematisieren können.

Thematisieren Sie die rechtlichen Hintergründe:

  • Das Versenden oder das Zugänglich machen von pornografischen Inhalten an Minderjährige ist strafbar! (§184 StGB)
  • Herstellung, Besitz und Verbreitung von Kinder- oder Jugendpornografie ist strafbar. (§184 StGB)

Das bedeutet, sollten beispielsweise solche Inhalte innerhalb eines Klassenchats geteilt werden, machen sich die Schüler und Schülerinnen damit strafbar.

Ein Hinweis für Sie als Lehrkraft: Lassen Sie sich niemals Inhalte auf Ihre Geräte senden. Helfen Sie den Kindern und Jugendlichen beim Beweise sichern (sollte dies notwendig sein) und ziehen Sie Schulleitung und notfalls die Polizei zu Rate.