Probleme im Klassenchat

Soziale Medien haben neben ihrem Unterhaltungsfaktor und den Informationsmöglichkeiten auch einen starken Einfluss auf die Kommunikation im schulischen Kontext.

Fragen zum Unterrichtsstoff, Informationen zu den Hausaufgaben, zu dem Vertretungsunterricht oder auch zu einem Ausflug sind Aspekte, in welchem der Klassenchat positiv genutzt werden kann. Auch lustige Bilder oder Videos werden im Klassenchat gerne geteilt.

Wie werden Soziale Netzwerke von Kindern und Jugendlichen genutzt?

Kinder

27% der 8 bis9-Jährigen haben laut der KIM-Studie 2022 ein eigenes Smartphone. Die Zahl erhöht sich bei den 10 bis11-Jährigen auf 58% und bei den 12 bis13-Jährigen auf 81%. Das Smartphone wird in dieser Altersspanne überwiegend unbegleitet, also ohne elterliche Aufsicht, zum Spielen (71%) oder zum Surfen im Internet (58%) genutzt. Als Messenger-Dienst fällt WhatsApp bei der Hälfte der Befragten unter die Top-3Apps und wird von 55% nahezu jeden Tag genutzt. Die Nutzung steigt mit dem Alter stetig an.

Jugendliche

Bei Jugendlichen steht das Smartphone in seiner Nutzung noch mehr im Fokus. Laut der JIM-Studie 2023 haben nahezu alle Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren ein eigenes Smartphone (99%) mit dem sie u.a. mehr als 3,5h am Tag online sind. WhatsApp ist bei den Jugendlichen mit 94 % regelmäßiger Nutzung deutlich auf dem ersten Platz der Online-Angebote und wird auch im Kontext Klassenchat entsprechend eingesetzt. Alternative Messenger-Dienste wie Threema oder Signal werden weitestgehend nicht genutzt. WhatsApp ist mittlerweile laut seiner AGB ab 13 Jahren mit Zustimmung der Eltern erlaubt. Weitere Informationen hierzu finden Sie in dem Artikel Sicheres Surfen auf Social Media | Digitale Schule Hessen.

Warum kann der Klassenchat problematisch sein?

Neben den genannten positiven Aspekten können auch Probleme im Klassenchat auftreten. Streit, Gerüchte, Mobbing oder das Teilen kritischer Inhalte sind dabei mögliche Gründe.

Kinder und Jugendliche tasten sich an Kommunikationsregeln heran, die auch in der digitalen Kommunikation beachtet werden sollten. Diese Regeln werden auf vielen Plattformen „Netiquette“ genannt. Gerade jüngere Kinder können ihre Äußerungen und Handlungen im digitalen Raum u.U. noch nicht abschätzen. Eine begleitete Moderation durch die Eltern und das Thematisieren von Klassenchats im Unterricht kann das Verständnis für diese Form der digitalen Kommunikation unterstützen. Grundsätzlich gilt, dass Kinder und Jugendliche den gleichen sozialen und rechtlichen Regeln, die sie im nicht-digitalen Lebensraum zu beachten lernen, auch im virtuellen, digitalen Raum folgen.

Werden beispielsweise Kommunikationsregeln nicht beachtet, kann Cybermobbing durch das systematische Ausschließen oder einem systematischen Beleidigen einer Mitschülerin oder eines Mitschülers Folgen sein. Cybermobbing ist ein Sammelbegriff, der je nach Tatausführung u.a. Straftatbestände wie Beleidigung (§185 StGB), Verleumdung (§ 187 StGB), üble Nachrede (§186 StGB), Nötigung (§240) oder Nachstellung (238 StGB) umfassen kann.

Auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG) und das Recht am eigenen Bild (§22 KunstUrhG) können durch das Aufnehmen und Teilen von Bildern und Videos verletzt werden. Werden Bilder und Videoaufnahme von Mitschülerinnen und Mitschülern auch noch zur Belustigung der Gruppe bearbeitet oder kommentiert, können wieder Straftatbestände wie Beleidigung und Körperverletzung erfüllt sein. Die Regel Einmal im Internet - Immer im Internet! sollte unbedingt beachtet werden, da durch die Verbreitungslogik von Internet und Social Media alle Inhalte schnell und unwiderruflich den Klassenchat verlassen und eine große Reichweite erzielen können. Cybermobbing kann jede Schülerin und jeden Schüler einzeln, aber auch die Klassengemeinschaft insgesamt stark belasten und negative Verhaltensweise im analogen Miteinander fortführen oder verstärken.

Weitere mögliche negativen Folgen des Klassenchats können sein:

Die ständige Flut von Nachrichten kann zu Belastungen führen, insbesondere, wenn Informationen, Bilder und Videos darunter sind, die nicht alle Gruppenteilnehmerinnen und -teilnehmer sehen möchten, beziehungsweise die sie nicht interessieren. 

Der Druck, jederzeit auf Nachrichten im Klassenchat reagieren zu müssen, kann als belastend empfunden werden. Auch die Angst etwas zu verpassen (auch „fomo“ genannt: „fear of missing out“) kann das Nutzungsverhalten steuern. Dies kann vor allem am Abend oder in der Nacht dazu führen, das Smartphone nicht auszumachen zu können

Unangemessene Inhalte: Das Verbreiten unangemessener Inhalte wie z. B. rassistischeÖffnet sich in einem neuen Fensterangstmachende oder pornografische Inhalte, kann polizeiliche Ermittlungen und eine Strafanzeige nach sich ziehen. Auch Kettenbriefe können gefährlich werden, wenn sie beispielsweise Links beinhalten, die zu virenverseuchten Websites führen oder furchtbare Inhalte zeigen.

Sozialer Druck: Der Wunsch, im Klassenchat dazuzugehören und anerkannt zu werden, kann zu psychischer Belastung führen. Vor allem gefährliche Challenges bergen dabei ein hohes gesundheitsgefährdenden Risikopotenzial. 

Privatsphäre/ Datenschutz: Im Klassenchat werden u. U. zahlreiche persönliche Daten preisgegeben. Die Nummern aller Nutzerinnen und Nutzer können für die übrigen Gruppenmitglieder sichtbar sein. WhatsApp greift auch auf weitere Kontakte im Smartphone der Benutzerinnen und Benutzer zu.

Tipps für Eltern

Weiterführend erhalten Sie Tipps, wie Sie u.a. mit Ihrem Kind problematische Inhalte, das notwendige Einhalten der Netiquette und den Schutz durch technische Sicherheitseinstellungen besprechen können.

  • Es ist sinnvoll, mit Ihrem Kind zu reflektieren, weswegen es dem Klassenchat beitreten möchte. Besteht ein gewisser Gruppenzwang?  Gibt es weitere gemeinsame Bedenken bezüglich des Beitritts in einen Klassenchat?
  • Souveräne und selbstbestimmte Nutzung Sozialer Netzwerke braucht Begleitung. Vor allem jüngere Kinder können Handlungen und deren Folgen im Internet noch nicht abschätzen. Ein Streit, der in der analogen Kommunikation morgen vergessen wäre, kann sich im Klassenchat wie ein Lauffeuer verbreiten. Wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihr Kind möglichen auftretenden Problemen im Klassenchat noch nicht gewachsen ist, sollte auch dem vermeintlichen Gruppenzwang - der in der Klasse aufkommen kann – gemeinsam standgehalten und dem Kind der Zugang zu entsprechenden noch nicht eröffnet werden.

  • Stärken Sie Ihr Kind darin, selbstbewusst und reflektiert mit digitalen Konflikten umzugehen.
  • Zeigen Sie Interesse an den Inhalten des Klassenchats und besprechen Sie mit Ihrem Kind, was im Klassenchat geteilt wird.
  • Besprechen Sie mit Ihrem Kind technischen Einstellungsmöglichkeiten zur Wahrung der Privatsphäre. Hilfreiche Tipps dazu erhalten Sie auf Informationen für Eltern | Digitale Schule Hessen unter den FAQs.
  • Signalisieren Sie Ihrem Kind, egal welchen Alters, dass es mit Ihnen über angstmachende, unangenehme oder auch irritierende Inhalte sprechen kann.
  • Unterstützen Sie Ihr Kind in der Klärung von Konflikten im Klassenchat. Im Falle von Cybermobbing oder dem Teilen von angstmachenden und irritierenden Inhalten sollten Sie das Gespräch mit den anderen Eltern und/ oder der Klassenleitung suchen. Weiterhin ist das Einschalten der Polizei bei dem Versenden pornografischer Inhalte angezeigt.
  • Beachten Sie, dass Sie und Ihr Kind auch straffällig und haftbar gemacht werden können. Informationen dazu finden Sie in dem Artikel von „Schau Hin“ und der Polizeilichen Kriminalprävention des Bundes und der Länder.
  • Besprechen Sie auf einem Elternabend die Vor- und Nachteile einer Elterngruppe über einen Messenger-Dienst. Um einer Vielfalt an Informationen vorzubeugen, kann eine E-Mail-Kommunikation sinnvoll sein. Die datenschutzkonforme Informationsweitergabe von schulischen Daten seitens des Elternbeirates kann über E-Mail oder die schuleigene Lernplattform gewährleistet werden.

Wie kann die Schule mit dem Thema Klassenchat umgehen, um eine adäquate Kommunikation darüber zu unterstützen?

Schulen sollen Kinder und Jugendliche in einer kompetenten Mediennutzung unterstützen. Um Schülerinnen und Schüler für negative Folgen und Risiken im Klassenchat zu sensibilisieren, können Lehrkräfte neben der Thematisierung der o.g. Ursachen für negative Verhaltensweisen im Klassenchat auch Gruppenchatregeln (u.a. Zeit-/ und Themenbegrenzungen) und mögliche folgende Konsequenzen vereinbaren. Weiterhin sollte klargestellt werden, dass niemand zur Teilnahme am Klassenchat verpflichtet ist und dass wichtige Informationen auch über andere Kanäle geteilt werden müssen.

Weitere Informationen für Lehrkräfte finden Sie neben den weiterführenden Tipps in diesem Artikel unter Informationen für Lehrkräfte | Digitale Schule Hessen/ FAQ Stress im Klassenchat

Weiterführende Informationen