Was ist eigentlich TikTok?

Die kostenlose App TikTok gehört dem chinesischen Technologiekonzern ByteDance. Zuvor war die App unter dem Namen musical.ly bekannt geworden.

Auf TikTok können Nutzerinnen und Nutzer kurze, mit Musik untermalte (Tanz-) Videos hochladen. Neben den Tanzvideos wird die App mittlerweile auch genutzt, um (sich) über das aktuelle Tagesgeschehen zu informieren und Modetrends auszutauschen, Tipps zu unterschiedlichsten Themen, Challenges oder Sketche zu präsentieren beziehungsweise anzusehen.

Zwischenzeitlich hat TikTok den Messengerdienst WhatsApp und die Plattform Instagram als meist genutzten Dienst abgelöst. Laut statista wurde im Jahr 2023 die App ca. 220 Millionen mal weltweit heruntergeladen und von 61% der sogenannten Generation Z mit den Geburtenjahrgängen von 1995-2010 genutzt. TikTok gehört damit zu den erfolgreichsten Social Media Apps. In Deutschland ist TikTok laut JIM-Studie bei den Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren mit 25% die dritt wichtigste App, die von 59% der Befragten regelmäßig und von 41% täglich genutzt wird.

Die selbstbestimmte Zugangsform zu den genannten Inhalten ermöglicht jungen Menschen auch, an der gesellschaftlichen und politischen Entwicklung aktiv teilzuhaben und unter anderem eigene Ansichten auf der Plattform zu platzieren. Aufgrund dieser Bedeutung und der hohen Reichweite kann die App sowohl als Ausdrucks- als auch als Darstellungsmedium erheblichen Einfluss auf die Meinungsbildung nehmen.

30% der Befragten aus der o.g. JIM-Studie nutzen die App um sich über das aktuelle Tagesgeschehen zu informieren. Dabei ist die Tagesschau laut JIMplus Studie 2022 die meistgenannte glaubwürdige Nachrichtenquelle auf TikTok.

Fakten zu TikTok

TikTok darf mit Zustimmung der Eltern laut AGB ab 13 Jahren genutzt werden. Zur Registrierung werden persönliche Daten wie die E-Mailadresse oder das Geburtsdatum erfragt. TikTok präsentiert personalisierte Werbung und gibt persönliche Daten auch an Drittunternehmen unter anderem zur Auswertung des Nutzungsverhaltens weiter.

Die EU-Kommission hat ein Verfahren gegen TikTok eröffnet, da das Unternehmen gegen den Digital Service Act verstößt. Die Kommission wirft TikTok vor, zu wenige Schutzmaßnahmen im Hinblick auf den Jugendschutz ergriffen zu haben. Unter anderem geht es um die Frage, ob das Design der App durch den hinterlegten Algorithmus zur Entwicklung von Mediensucht beitragen könnte, ob das Alter der Nutzerinnen und Nutzer ausreichend geprüft wird, um sie vor unangemessenen Inhalten zu schützen und welche Daten für personalisierte Werbung genutzt werden. Unbestritten ist, dass die App nach ökonomischen Zielen und staatlichen Vorgaben Chinas arbeitet und Inhalte zensiert werden.

Warum ist TikTok so erfolgreich?

Neben der aktiven Teilhabe macht die Personalisierung der App ihre Nutzung insbesondere für Jugendliche so attraktiv. Der sogenannte TikTok-Algorithmus entscheidet, welches Video in einer Endlosschleife – dem sogenannten Infinite Scroll -  als nächstes angezeigt wird. Er basiert auf der Auswertung der Videos, die geliked, fertig oder nicht angeschaut, als unangemessen gemeldet oder den eigenen Favoriten hinzugefügt werden. Weiterhin wertet der Algorithmus die Nutzungsdauer sowie die geposteten Kommentare zu einzelnen Videos aus und welchen Accounts gefolgt wird. Darüber hinaus beeinflussen auch Informationen zu Videos, die gesucht werden, wie zum Beispiel Trendthemen oder Hashtags, und Geräte- und Account-Einstellungen, wie beispielsweise Interessenkategorien oder die Ländereinstellung den Algorithmus.

Als Konsequenz dieses Mechanismus erscheinen der Nutzerin bzw. dem Nutzer die weiterangezeigten Videos im Verlauf immer stärker auf die eigene Person zugeschnitten. Aus der Auswertung des Nutzungsveraltens werden auch entsprechende Inhalte für die Streams Für dich und Folge ich generiert, die auf der sogenannten Home-Seite zu finden sind.

Herausforderungen und Gefahren auf TikTok

Infinite Scrolling

Öffnet man die App, startet sofort das erste Video. Auf dem Für dich-Stream werden unerschöpflich individuell ausgewählte Inhalte präsentiert, die durch das ständige Nach- Oben-Scrollen zu einer Dauernutzung verleiten können. Nutzerinnen und Nutzer können dabei leicht jegliches Zeitgefühl verlieren und befinden sich unter Umständen stundenlang auf der App. Reizüberflutung, Konzentrationsschwierigkeiten und Gereiztheit können Folgen sein. Die Technik des Infinite Scrollings kann mit dem eines Glücksspielautomaten verglichen werden. Bei jedem Weiterscrollen wird die Hoffnung auf ein weiteres spannendes, lustiges, bestärkendes Video bestärkt, was einer entsprechenden Belohnung gleicht. Dies kann zu einer Mediensucht führen. Zu einer vermuteten Mediensucht können Sie im Artikel Elternratgeber - Medienkompetenz, Mediensucht und Netiquette | Digitale Schule Hessen  weiterführende Informationen erhalten. Tipps zu Digital Detox finden sich hier.

Filterblasen

Durch die beschriebene algorithmengesteuerte Anzeige der Videos befindet man sich schnell in einer Filterblase, die neben dem Einfluss auf die eigene Meinungsbildung auch Einfluss auf den eigenen Gemütszustand haben kann. In der JIMplus Studie von 2022 geben 44% der Jungen und 52% der Mädchen an, auf TikTok Hassbotschaften wahrgenommen zu haben. Einfluss auf die mentale Verfassung können auch sexualisierte oder gewaltverherrlichende Inhalte, risikoreiche und gesundheitsgefährdende Challenges oder Videos mit verstörenden Kriegsbildern nehmen. Auf ZDF Kika werden Tipps gegeben, wie der Algorithmus durch bewusstes Nicht-Kommentieren, Wegwischen und ein nicht zu Ende sehen eines Videos beeinflusst werden kann. Zusätzlich gibt es die Funktion, dass man unter Videos „nicht interessiert“ anklicken kann. Weiterhin kann man auf der Für dich Seite den Algorithmus zurücksetzen.   

Einfluss auf die Meinungsbildung

Die App TikTok kann aufgrund ihrer Reichweite als weitere Sozialisationsinstanz bei jungen Menschen angesehen werden. Die personalisierte Anzeige kann zur Folge haben, dass sehr spezifische Themen und Sichtweisen generiert und vor allem bereits vorhandene Sichtweisen verstärkt werden. Dies kann zur Verbreitung von Falschinformationen sowie zur Reproduktion problematischer Stereotype führen. Auch die Regulierung des chinesischen Betreibers können erheblich u.a. auf politische und ökonomische Aspekte einwirken. Weiterführende Informationen hierzu finden Sie in dem Artikel Wie können soziale Medien die Demokratiebildung beeinflussen? | Digitale Schule Hessen.

Weiterhin ist bekannt, dass extreme Parteien und Menschen mit extremistischer Gesinnung TikTok nutzen, um über die App junge Menschen in ihrer politischen Meinung und Haltung zu beeinflussen. Durch verschiedene Techniken, wie zum Beispiel die permanente Nutzung der persönlichen Ansprache mit Du und das Einnehmen der Rolle eines Online-Coaches versuchen sie, eine unmittelbare Beziehung zu den Nutzerinnen und Nutzern aufzubauen, so Botschaften und Ideologien zu übermitteln und neue Anhänger zu rekrutieren.

Bei der Plattform werden gemeldete rechtsextreme Propagandainhalte laut jugendschutz.net keineswegs immer gelöscht. Dazu hat die EU, wie bereits genannt, ein Verfahren gegen TikTok eröffnet.

Die Rolle von Influenerinnen und Influencern und vermeintliche Schönheitsideale

Da mit TikTok – hohe Reichweiten erzielt werden können, wird die Plattform von Influencerinnen und Influencer stark genutzt. Sie verdienen zum Beispiel durch die Platzierungen von Produkten in ihren Videos Geld. Diese Werbemaßnahmen müssen zwar als solche gekennzeichnet werden, dennoch ist nicht immer eine Unterscheidung zwischen Werbeinhalten und der Darstellung der Influencerinnen und Influencern zu erkennen. Sie können u.a. auch einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung eines vermeintlichen Schönheitsideals und die eigene Körperwahrnehmung haben. TikTok stellt Filter und Effekte bereit, mit denen die hochgeladenen Clips angepasst und bearbeitet werden können, um sie anschließend mit anderen zu teilen. Insbesondere der Filter Bold Glamour ist dabei in die Kritik geraten. Weitere Informationen finden Sie hier.

Hinweise für Eltern

  • Testen Sie selbst die App, bevor Sie diese auf das Gerät Ihres Kindes herunterladen.
  • Beachten Sie das Nutzungsalter und die Vertragsbedingungen. Geben Sie das korrekte Geburtsjahr Ihres Kindes an, damit altersunangemessene Inhalte nicht angezeigt werden. 
  • Stellen Sie das Konto auf Privat. Andernfalls kann jeder TikTok-Nutzer oder jede TikTok-Nutzerin u.a. sehen, was auf dem eigenen Profil eingestellt oder welches Video als positiv bewertet oder kommentiert wird.
  • Richten Sie das NutzungskontoÖffnet sich in einem neuen Fenster gemeinsam mit Ihrem Kind ein. Über den begleiteten Modus können Sie neben der Nutzungszeit regulieren, wer beispielsweise Direktnachrichten schreiben oder Einstellungen kommentieren darf und welche Videos geschaut werden dürfen. Dazu muss sich die App sowohl auf dem Gerät Ihres Kindes als auch auf Ihrem eigenen Gerät befinden.
  • Auch über die Betriebseinstellungen des Smartphones können App-Limits eingerichtet werden. Mehr Informationen finden Sie unter den FAQs Informationen für Eltern | Digitale Schule Hessen
  • Klären Sie Ihr Kind über Meldemöglichkeiten von gefährdenden Inhalten auf. Diese kann über die Plattform selbstÖffnet sich in einem neuen Fenster oder über die InternetbeschwerdestelleÖffnet sich in einem neuen Fenster erfolgen.
  • Vereinbaren Sie Nutzungszeiten. Bei TikTok kann auch ein begleiteter Modus oder ein eingeschränkter Modus genutzt werden.
  • Sprechen Sie mit Ihrem Kind über manipulative Mechanismen, wie angezeigte nicht gekennzeichnete WerbungÖffnet sich in einem neuen Fenster oder über den Einsatz von Filtern und mögliche Auswirkungen.
  • Sprechen Sie mit Ihrem Kind über mögliche subtile Beeinflussung - beispielsweise durch extreme Gruppierungen -  durch „Feststecken“ in der eigenen Filterblase und Möglichkeiten, diese zu überwinden.
  • Sprechen Sie mit Ihrem Kind über die angeschauten Inhalte und den entsprechenden Eindruck, den das Gesehene hinterlässt.

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